Pia Dudel ist Smart City-Beauftragte der Stadt Heidenheim – dem Zuhause des C.F. Maier City Solutions Pilotprojekts in Form einer mit Sensorik ausgestatteten, überdachten Sitzbank. Wir haben uns mit ihr über Herausforderungen, Chancen und den Status Quo auf dem Weg zur smarten Stadt der Zukunft unterhalten.
Guten Tag Frau Dudel, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mit uns über das C.F. Maier Smart City Pilotprojekt zu sprechen, das seit Oktober 2022 in Heidenheim getestet wird.
Zuerst ein paar Fragen zu Ihnen: Wer sind Sie und welche Position bekleiden Sie?
Mein Name ist Pia Dudel, ich habe seit zwei Jahren die Projektleitung im Bereich Smart City inne. Das heißt, ich leite das bundesgeförderte Modellprojekt „Smart Cities“ für die Stadt Heidenheim.
Gemeinsam mit der Stadt Aalen wurden uns für die Umsetzung jeweils Fördermittel über rund 7,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um unsere Städte bis 2027 zu digitalisieren und für das Thema Smart City in Deutschland Pionierarbeit zu leisten.
Wie wird man denn eigentlich Smart City-Beauftragte?
Das war eine glückliche Fügung, so wie ich das heute bezeichnen würde. 2012 war ich bereits in Form eines Dualen Studiums bei der Stadt Heidenheim in mein Berufsleben gestartet.
Nach verschiedenen Stationen im Projektmanagement und dem Masterabschluss mit dem Fokus auf Innovationsmanagement und einer intensiven Auseinandersetzung mit den Chancen digitaler Technologien hat es mich dann wieder zurück in die Heimat verschlagen.
Für mich ist das Projekt daher nicht nur irgendeine Aufgabe, sondern eine Herzensangelegenheit.
Welchen Stellenwert nimmt das Konzept Smart City für die Stadt Heidenheim ein?
Einen sehr hohen.
Bisher, vor Beginn des Projekts, lag der Fokus bei der Digitalisierung innerhalb der Verwaltung. Es ging also um die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen. Dazu zählen klassische Dienstleistungen für die Bürgerschaft, etwa Reisepassanträge.
In unserem Smart City Projekt wird diese Aufgabe über den Verwaltungsprozess hinausgedacht: Es geht dabei beispielsweise um Umweltschutz, Infrastrukturentwicklung, Mobilität oder Innenstadtentwicklung, also um alles, was den Alltag der HeidenheimerInnen einfacher, lebenswerter und effizienter gestalten kann. Unser übergeordnetes Ziel lautet also, mithilfe digitaler Technologien mehr Lebensqualität zu schaffen.
Wieso ist das Thema Smart City für eine relativ kleine Stadt wie Heidenheim so wichtig? Ist das nicht eher etwas für die Metropolen?
Ich denke, es kommt auf die Bedürfnisse der EinwohnerInnen einer Kommune an, nicht auf die Größe der Stadt. Diese fallen beispielsweise in Stuttgart deutlich anders aus als hier in Heidenheim. Genau deshalb ist es wichtig, das Konzept Smart City unter verschiedenen Rahmenbedingungen und in unterschiedlichen Kommunen zu testen und anzuwenden. Nur so lassen sich die individuellen Wohn-, Lebens- und Arbeitsumstände aller Bevölkerungsschichten identifizieren und langfristig verbessern.
Zugleich geht es darum, Heidenheim auch zukünftig als attraktiven Wirtschaftsstandort zu positionieren. Eine digitale Infrastruktur ist Grundlage für viele Branchen. Eine intelligente Stadtentwicklung kann beispielsweise dazu beitragen, die Innenstadt zu beleben, was den Einzelhandel stärkt. Wichtige Leitlinie für die Planung von smarten Städten ist zudem der Aspekt „Nachhaltigkeit“ und somit ein Thema, das gesamtheitlich angegangen werden muss – nicht nur von Großstädten.
Welche Bemühungen unternimmt Heidenheim, um smarte Lösungen für den urbanen Raum voranzutreiben?
In der ersten Märzwoche dieses Jahres haben wir in unserem Gemeinderat und die Stadt Aalen mit ihrem Gemeinderat eine umfangreiche Smart City Strategie verabschiedet, in der die Teilprojekte zur smarten Entwicklung beider Städte aufgeführt werden. Im nächsten Schritt geht es darum, die beschlossenen Punkte umzusetzen.
Wichtig sind dabei die Themen Datenmanagement, Datenaufbereitung und Datenverfügbarkeit insbesondere in Bezug auf Klima- und Umweltdaten. Diese lassen sich dazu verwenden, Gefahren- und Krisensituationen – also zum Beispiel Hochwasser, Blitzeis oder Starkregen – zu prognostizieren und rechtzeitig entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Ein relevantes Thema ist für uns auch die Vitalität und Bewässerung unserer Pflanzen im innerstädtischen Bereich, die zunehmend unter klimabedingtem Trockenstress leiden. Mit automatisierten und ressourcenschonenden Bewässerungssystemen könnten wir diesem Problem begegnen.
In Bezug auf die Mobilität wollen wir den ÖPNV datengetrieben unterstützen. So wäre es beispielsweise möglich, Fahrplaninformationen in Echtzeit auszugeben und die BürgerInnen umgehend über Verspätungen und die jeweiligen Gründe zu informieren.
Weiteres Potenzial sehen wir darin, Sensorik dafür zu verwenden, Menschen ein selbstbestimmtes Leben im Alter zu ermöglichen. So könnten die Betriebszeiten von Geräten wie Herd oder Lichtquellen analysiert werden, um ungewöhnliche Verhaltensmuster zu identifizieren, die auf einen Sturz hinweisen, um dann Hilfeleistungen einzuleiten. Das ermöglicht es älteren Menschen, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu wohnen, ohne auf sicherheitsrelevante Aspekte zu verzichten.
Die Möglichkeiten, die eine vernetzte Stadt bieten kann, sind praktisch endlos. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit smarten Lösungen in jedem Themenfeld und Aufgabenbereich der Verwaltung einen kleinen zusätzlichen Mehrwert für alle Gesellschaftsgruppen generieren können.
Welchen Beitrag leistet das C.F. Maier City Solutions Pilotprojekt bei der Digitalisierung der Stadt?
Die Sensorik, die in der überdachten Sitzbank von C.F. Maier City Solutions verbaut ist, liefert uns Messwerte zu Bodenfeuchte, Baumvitalität, Feinstaubbelastung und der Personenfrequenz in der Anlage zwischen Bahnhof und Stadtkern. Wir haben also eine Menge Technik in einem Möbel verbaut – und das im öffentlichen Raum mit einem modernen, innovativen Design aus einem Material, das der Witterung standhält.
Mithilfe von Sensorik können wir beispielsweise überprüfen, welche Effekte verschiedene Events, beispielsweise der Weihnachtsmarkt, auf die Innenstadt haben und wie sich Besucherströme zu verschiedenen Zeiten in der Woche entwickeln. Dank LoRaWan, einer Langstrecken-Funktechnologie, übertragen wir die Daten in Echtzeit und können sie etwa auf dem Dashboard an der Bank veranschaulichen. Der Strom dafür wird von einer PV-Anlage auf dem Dach erzeugt, die zugleich einen Akku lädt.
Zukünftig möchten wir diese Daten noch gezielter analysieren und zu einer gemeinsamen Aussage bündeln, denn dann wird es richtig spannend: Dank der Kombination aus Daten zum Verkehrsaufkommen, Wetter, Glättemeldungen und Einsatzzeiten des Winterdienstes lassen sich Prognosen erstellen, an welchen Standorten Glatteis-Gefahr herrscht, damit wir als Stadt frühzeitig reagieren und die Menschen sich darauf einstellen können.
Diese Ergebnisse sollen zukünftig allen BürgerInnen als Dashboard zur Verfügung gestellt werden, denn ihnen gehören die Daten schlussendlich und sie erfahren so einen direkten Mehrwert.
Wo sehen Sie noch Optimierungspotenzial am Prototyp des C.F. Maier Stadtmobiliars?
Um die Bank statisch zu sichern, musste sie in einem breiten Betonsockel verankert werden, der eine gewisse Höhe hat. Das hat den entschiedenen Nachteil, dass die Bank leider nicht barrierefrei für alle Menschen zugänglich ist. Außerdem haben wir festgestellt, dass der gegossene Beton bei Nässe und Kälte rutschig wird, weshalb wir eine Anti-Rutsch-Beschichtung anbringen mussten. Vor dem Hintergrund, dass es sich um ein Pilotprojekt handelt, das vorerst testweise installiert wurde, sollten sich diese Punkte aber bei zukünftigen Versionen von selbst lösen. Der Bedarf ist in den Kommunen in Deutschland vorhanden und wird zunehmen, idealerweise im modularen Aufbau, um den Anforderungen je nach Ort entsprechen zu können. Außer Sitzmöglichkeiten sind auch Fahrradabstellplätze denkbar.
Wie wird das Pilotprojekt von den BürgerInnen angenommen?
Das Projekt polarisiert. Viele HeidenheimerInnen sind begeistert von der Technik und freuen sich, dass wir als Stadt in die Zukunft denken.
Uns haben aber auch Stimmen erreicht, die dem Projekt gegenüber negativ eingestellt sind. KritikerInnen befürchten unter anderem, dass die Sensorik dazu verwendet werden könnte, die BürgerInnen zu überwachen.
Diese Ängste nehmen wir ernst und sie sind in gewisser Weise nachvollziehbar, faktisch aber nicht berechtigt: Die Daten, die gesammelt werden, sind nicht personenspezifisch und unterliegen den hohen Anforderungen, die der Datenschutz stellt.
Sie gehören der Kommune und damit allen HeidenheimerInnen. Nach der aktuellen Testperiode möchten wir die gesammelten und alle zukünftig erfassten Daten für alle Interessierten öffentlich einsehbar machen.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dudel.
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